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Entschließungsantrag zur Medienkonzentration

12.6.1995, B4-0924/95 EP

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG mit Antrag auf Einbeziehung in die Debatte über aktuelle, dringliche und wichtige Fragen eingereicht gemäß Artikel 47 der Geschäftsordnung von den Abgeordneten Carlo Ripa di Meana, Alexander Langer, Adelaide Aglietta, Frieder Otto Wolf, Daniel Cohn-Bendit, Nel van Dijk, Leoluca Orlando und Claudia Roth zur Medienkonzentration

Das Europäische Parlament,

A. unter Hinweis auf die Entschließungen vom 15. Februar 1990 und vom 16. September 1992 zur Medienkonzentration sowie auf die Entschließung vom 16. Februar 1995 zur Informationsgesellschaft,

B. in Kenntnis der großen aktuellen Themen im Vorschlag der Kommission vom 22.März 1995 für eine Revision der Richtlinie EWG 89/552,

C. unter Hinweis auf den Abschluß der zweiten Konsultationsphase der Kommission auf der Grundlage des Grünbuchs "Pluralismus und Medienkonzentration" (KOM(94)353) im Hinblick auf die Verabschiedung einer Richtlinie zur Förderung einer gewissen Konvergenz bei den einschlägigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften,

D. unter Hinweis darauf, daß die Medienkonzentration in der Europäischen Union mittlerweile bereits ein unvertretbares Ausmaß erreicht hat und daß die demokratische Ordnung und die Meinungsbildung in mehreren Ländern aufgrund dieser Situation ernsthaft untergraben werden,

E. in der Befürchtung, daß die Kommission in ihrer Richtlinie lediglich den Status quo bei den Eigentumsverhältnissen im Medienbereich festschreiben und die bestehende übermäßige Konzentration keineswegs in Frage stellen wird,

F. unter Hinweis darauf, daß eine Vielfalt der Eigentumsstrukturen nicht die einzige Garantie für Pluralismus in den Medien ist und daß die inhaltliche Qualität der Programme sowie Unabhängigkeit und gute Arbeitsbedingungen für Journalisten gleichermaßen wichtig sind,

G. in Kenntnis der von der britischen Regierung vorgelegten Vorschläge für neue Antitrust-Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Information,

H. in der Erwägung, daß die niederländische Regierung die Kommission aufgefordert hat, die neue Situation auf dem niederländischen Markt für Fernsehwerbung zu untersuchen,

I. mit der Feststellung, daß sich die öffentliche Debatte - insbesondere in Italien - vor allem am Problem der Eigentumskonzentration bei großen und wichtigen Informationsmedien entzündet hat und dieses Thema in jüngster Zeit zu mehreren Volksbefragungen Anlaß gab; besorgt über die Ergebnisse dieser Volksbefragungen,

J. unter Hinweis darauf, daß der Interessenkonflikt zwischen der gleichzeitigen Erfüllung einer wichtigen öffentlichen Funktion einerseits und der Kontrolle - mit Hilfe beträchtlicher Anteile - eines großen Teils der Informationsmedien ernsthafte Probleme für die moderne Demokratie aufwirft,

K. in dem Bewußtsein, daß die Frage der Konzentration bei der Kontrolle der Informationsmedien nicht ausschließlich unter gewerblichen Gesichtspunkten angegangen werden kann, so als ob es sich um die Herstellung und den Vertrieb gewöhnlicher Produkte handeln würde,

L. unter Hinweis auf vergleichbare Situationen und Probleme in anderen Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit der Gewährleistung von Demokratie und Unabhängigkeit der Medien von der politischen Macht und von Großkonzernen,

1. bedauert, daß die Kommission das Parlament noch nicht mit dem Vorschlag für eine Änderung der Richtlinie EWG 89/552 befaßt hat;

2. ist der Auffassung, daß die Kommission unverzüglich entsprechende Vorschläge vorlegen muß, um europäische Rechtsvorschriften zu erlassen, mit deren Hilfe die gesetzgeberischen Maßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten gestärkt und koordiniert werden können;

3. fordert insbesondere, daß wirksame europäische Rechtsvorschriften endlich und so schnell wie möglich einen gemeinsamen normativen Bezugsrahmen sicherstellen und die Möglichkeit einer Beherrschung zu großer Teile der Informations- und Kommunikationsmedien erheblich einschränken;

4. fordert mit Nachdruck, daß im Rahmen europäischer Antitrust-Rechtsvorschriften für den Bereich der Informations- und Kommunikationsmedien wirksame Garantien gegen den Mißbrauch dieser Medien zu Zwecken der politischen Propaganda geschaffen werden und alle Wettbewerber gleichberechtigten und zumindest teilweise kostenlosen Zugang erhalten;

5. fordert die Kommission auf, in die Vorbereitung der Richtlinie zur Medienkonzentration neben den Zeitungen, den Fernsehkanälen allgemein und dem Radio - wie dies derzeit der Fall ist - auch die Wirtschaftszweige einzubeziehen, die eng mit den audiovisuellen Medien verknüpft sind (Markt für Urheberrechte, Vertrieb, Agenturen und Werbebranche);

6. fordert die Kommission auf, eine Richtlinie zur Unterbindung der Konzentration bei den neuen Telematikdiensten vorzubereiten und dem Eigentum an verschiedenen Medien enge Grenzen zu setzen;

7. fordert, daß das öffentliche Rundfunkwesen aufgrund seines Auftrags für die Allgemeinheit vom Vorschlag zur Medienkonzentration ausgeschlossen bleibt;

8. fordert die Kommission auf, ein unabhängiges Gremium mit der kontinuierlichen Überwachung der Besitzstrukturen im Mediensektor zu beauftragen, und diese Information der Öffentlichkeit frei zugänglich zu machen;

9. hält eine ausgewogene Aufteilung des Werbemarktes für wesentlich, um die Vielfältigkeit und Unterschiedlichkeit der Informationsmedien zu gewährleisten;

10. fordert die Kommission auf, eine Studie über die Struktur des Marktes für Fernsehwerbung in Italien durchzuführen;

11. fordert alle europäischen Politiker auf, ihre Anteile an Fernsehkanälen und Zeitungen aufzugeben;

12. vertritt die Auffassung, daß in einer modernen Demokratie die klassische Gewaltenteilung auch die Macht im Bereich der Information einbeziehen muß und diese Macht streng von Legislative, Exekutive und Judikative getrennt werden muß;

13. ist der Auffassung, daß die Aussicht auf eine globale Informationsgesellschaft Maßnahmen zur Schaffung eines angemessenen Rechtsrahmens erfordert, mit dem ein ordnungsgemäßer Wettbewerb und die grundlegenden Voraussetzungen für den weiteren Ausbau des Meinungspluralismus und der kulturellen Vielfalt gewährleistet werden;

14. fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre entsprechenden Rechtsvorschriften im Hinblick auf eine größere Effizienz zu verstärken bzw. anzupassen, beherrschenden Stellungen entgegenzutreten, die besondere Funktion des öffentlich-rechtlichen Bereichs zu wahren und im privaten Bereich die Einhaltung der Wettbewebsregeln zu gewährleisten;

15. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Kommission und dem Rat zu übermitteln.

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