Alexander Langer Alexander Langer Schriften - Alexander Langer Südtirol - Alto Adige

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Südtirol ABC - Ein unvollendeter Buch 2 (Gemischte - Jugend)

31.7.1988, Aufsätze zu Südtirol -Scritti sul Sudtirolo - Alpha&Beta 1996
GEMISCHTE - Es ist schon ein Kreuz mit der Liebe - in Südtirol beispielsweise bringt sie so manchesmal die Volksgruppenordnung durcheinander.

Denn trotz aller gesellschaftlichen Ächtung (vor allem auf deutschsprachiger Seite, was auch mit der Urangst vor Assimilierung zusammenhängt) gibt es Liebe quer durch die ethnischen Blöcke. Daraus können „Mischehen“ werden, wie diese systemwidrigen Verbindungen genannt werden: derzeit rund 6-8 % der Eheschließungen. Und man kann schätzen, daß etwa 20-30.000 Personen in Südtirol - vor allem junge Menschen - von Eltern unterschiedlicher Muttersprache abstammen. In früheren Jahrzehnten waren es meistents italienischsprachige Männer (wie bei allen Einwanderern waren die Männer in der Überzahl..), die sich mit deutschsprachigen Südtiroler Frauen verheirateten, was vor allem in den sozial schwächeren Schichten vorkam. Solche Familien integrierten sich in den allermeisten Fällen nach der italienischen Seite - auch weil von deutscher Seite Mißbilligung kam und der italienische Partner nur sehr selten Deutsch lernte. Heute hat sich da einiges geändert: auch in den Mittel- und Oberschichten sind solche Verbindungen häufig und in der Regel legen beide Partner Wert auf Zweisprachigkeit in der Familie, zumindest bei den Kindern. Wenn eindeutige Assimilation erfolgt, dann nicht mehr nur nach der italienischen Seite hin.
Trotz der relativ großen Anzahl von Menschen (rund 5-7 %), die in enger lebensgeschichtlicher Berührung mit zwei Volksgruppen leben, fordert die derzeit herrschende rechtliche, politische und kulturelle Ordnung von ihnen eine möglichst baldige und möglichst eindeutige Entscheidung – „Zwischen Töne sind nur Krampf“, könnte man mit Degenhard sagen. Da es nämlich praktisch keine gemeinsamen Einrichtungen für alle in Südtirol lebenden Sprachgemeinschaften gibt, muß von Jugend auf immer wieder nach der einen oder anderen Seite hin optiert werden (Schule, Jugendorganisationen, Freizeit, kulturelle Veranstaltungen...) und die Versuche vieler „gemischter“ Familien, am Leben mehrerer Volksgruppen teilzuhaben (z.B. durch Besuch einiger Jahre der einen und einiger Jahre der anderen Schule) werden weidlich behindert.
Schließlich fordert die Autonomieordnung, daß auch Kinder bei einer der drei amtlichen Volksgruppen eingetragen werden - und es wurde als große Kulanz hingestellt, als 1985 eine kleine Reform den „Gemischten“ Jugendlichen erlaubte, die eindeutige Entscheidung bis zur Erreichung der Volljährigkeit mit 18 aufzuschieben (was die Wahl in vielen Fällen um nichts leichter macht). Wer sich nicht entscheiden kann oder will, verfällt in den rechtlosen Zustand der sog. Sprachgruppenverweigerer. Um diesem Mißstand abzuhelfen, gibt es da und dort Vorschläge zur Sanierung der Lage der systemwidrigen Gemischten“indem man die Palette der zulässigen ethnischen Varianten einfach um diese Kategorie erweitert. Eine Art Südtiroler „coloured“
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GESCHICHTE

Kaum irgendwo wird so viel mit Gesichte argumentiert wie in Südtirol - wer früher da war, wem welches Unrecht geschehen ist, wem die Berufung auf historische Fakten im ethnischen Konflikt der Gegenwart recht gibt, und so fort. Im Eifer des Abrechnungsgefechts werden einander häufig - auch über die Medien - gegenseitig Geschichtsbrocken an den Kopf geworfen. Dabei sind Erinnerung und Kenntnis durch die ethnische Brille gefiltert: jede Seite kennt die Argumente zur Stützung der eigenen Position und klammert gerne aus, was nicht dazupaßt.
Zur Erarbeitung eines gemeinsamen und wahrheitsgetreuen Geschichtsbewußtseins - warum sollten daran nicht etwa Schulklassen verschiedener Muttersprache mitwirken? - ist es bisher leider nicht gekommen. Nur in Einzelfällen haben kritische Lehrer oder Jugendgruppen guten Willens derartige Versuche gestartet. Schade.

> DENKMÄLER, ETHNISCH, FARBE BEKENNEN, FEINDBILDER, HEIMAT(RECHT), HERZ-JESU-KULT, IDENTITÄT, INFORMATION, JUGEND, UREINWOHNER, VERGANGENHEITSBEWÄLTIGUNG, WIEDERGUTMACHUNG.


GEWALT

Gewiß, im Vergleich zu anderen Spannungsgebieten (Nordirland, Baskenland, Libanon, Zypern...) geht es in Südtirol recht friedlich und sanft zu. Die Attentate, die dennoch mit einer gewissen Häufigkeit vorkommen, machen sich relativ bescheiden aus, und auch in der Zeit der sogenannten Freiheitskämpfer wirkte sich der bäuerlich-katholische Hintergrund ausgesprochen mäßigend aus.
Trotzdem läßt sich - leider - nicht leugnen, daß Gewalt in der ganzen Südtirolproblematik eine große Rolle gespielt hat - von der gewaltsamen Annexion an Italien bis zur Autonomiereform (Paket), zu deren Erlaß die Attentate im Zeichen des „Loss von Trient“ nicht unwesentlich beigetragen haben. Auch in der neueren Vertreibungsangst der Südtirolitaliener spielt Einschüchterung durch Gewalt eine gewisse Rolle.
Wenn die Quantität der Gewaltanwendung in Südtirol glücklicherweise nicht so stark ins Gewicht fällt, muß doch ihre Qualität beunruhigen. Die ständige ethnische Frontbildung und eine Dynamik, bei der es in so hohem Maße um die Stärke der Volksgruppen geht, kann zu Gewalt und Provokation verführen. Und es ist bekannt, daß ethnische (oder religiöse oder rassische) Konflikte wesentlich intensiver mobilisieren als beispielsweise soziale. Insofern ist die Gewalt aus Südtirol nicht gebannt und darf als Gefährdung nicht unterschätzt werden, ohne deshalb gleich die Aufbauschung vieler Medien mitzuübernehmen.

> ÄNGSTE, ATTENTATE, FARBE BEKENNEN, FASCHISTEN, FEINDBILDER, MILITÄR, NATIONALISMUS, NAZIS, PROVOKATION, RECHTE, VERDRÄNGUNG.


GLEICHGEWICHT, LABILES
Im Lauf der Geschichte hat sich in und um Südtirol ein gewisses, allerdings recht labiles Gleichgewicht herausgependelt, das auch damit zu tun hat, daß immer eine gewisse Konfliktsymmetrie herrschte: die Rolle der Unterdrücker und der Unterdrückten ist mehrmals hin- und hergewechselt, Invasoren kamen bald aus dem Süden und bald aus dem Norden, und je nach dem Bezugsrahmen waren und sind bald die einen und bald die anderen in der Minderheit: so zum Beispiel die italienische Bevölkerung unter dem Habsburgerreich und die deutsche nach der Annexion an Italien; wenn man das große, historische Tirol ansieht, sprach ungefähr ein knappes Drittel der Bevölkerung italienisch, wenn man die derzeitige Region Trentino-Südtirol ansieht, spricht ungefähr ein Drittel der Bevölkerung deutsch, und wenn man sich auf Südtirol beschränkt, dann kann man ein knappes Drittel Italiener vorfinden - in der Landeshauptstadt Bozen sind dann wiederum die deutschsprachigen Einwohner in der Minderheit und so weiter.. Auch in der Gewaltenteilung zwischen Staat, Land, Region und Gemeinden hat sich ein gewisses Gleichgewicht herauskristallisiert, und ebenso im österreichisch-italienischen Verhältnis zu Südtirol. Man könnte die Aufzählung noch fortführen und insbesondere auf die wirtschaftlich-sozialen Verhältnisse ausdehnen, wo die deutsche Sprachgruppe Südtirols insgesamt wesentlich besser mit Eigentum an Grund und Boden ausgestattet ist, die italienischer Sprachgruppe dafür eine höhere Integration mit dem gesamtitalienischen Wirtschaftsrahmen aufweist. Auch die Untersuchung der Domänen der beiden Sprachen, oder eine Analyse der von den Volksgruppen beklagten Nachteile führt zu ähnlichen Ergebnissen - nur die Ladiner als die kleinste Gruppe befinden sich außerhalb dieser Symmetrie.
Auch der Kompromiß, der letzendlich zum Südtirolpaket geführt hat, wurde so konzipiert, daß er ein kompliziertes System von Mechanismen und Garantien vorsieht, mit dem sich die ethnischen Konfliktparteien entweder zur Zusammenarbeit entschließen oder sonst gegenseitig in Schach halten können. Die Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit dieses (wie gesagt: labilen) Gleichgewichts ist allerdings, daß der Ausgleich von keiner Seite überstrapaziert und etwa dazu verwendet wird, um die anderen in ihrem Bestand zu bedrohen oder an die Wand zu drängen. So oft dies geschieht (siehe die“Loss von Trient“-Bewegung der 60er Jahre oder die Verunsicherung der Italiener in den 80er Jahren), nimmt die Spannung zu und kann sich auch gewaltsam entladen - wobei nicht von vorneherein vorhersehbar ist, ob sich dann ein neues, annehmbares und gerechtes Gleichgewicht zutage fördern läßt.

> ÄNGSTE, AUTONOMIE, KOMPROMISS, MINDERHEIT, PARISER VERTRAG , RÜCKVERDEUTSCHUNG, VOLKSGRUPPEN, VOLKSZÄHLUNG, VERZICHTPOLITIK, ZUSAMMENLEBEN.


GLEICHSCHALTUNG

Der Ausdruck „Gleichschaltung“ stammt eigentlich aus totalitären Regimes und meint die Eingliederung aller sozialen Strukturen ins Gefüge der allumfassenden totalitären Ordnung. In Südtirol kommt der Ausdruck als solcher nur mehr in einigen alten Landesgesetzen aus den 50er Jahren vor, als man mit dem Vokabular noch weniger zimperlich umging. Aber was damit gemeint ist, kann man in Südtirol an unzähligen Beispielen erkennen. Aus der Notwendigkeit, die Einheit der (deutschen) Volksgruppe zu sichern und der ethnischen Bedrohung zu trotzen, hat das SVP-System ein ungemein engmaschiges und allumspannendes Netz von Vereinen, Verbänden, Institutionen, Anlässen und sonstigen Strukturen geschaffen. Kaum anderswo in einer westlich-demokratischen Ordnung wäre eine derart penetrante „formierte“ Gesellschaft denkbar, mit so wirksamer sozialer Kontrolle und so eindeutiger Zuordnung zur politischen (d.h. hier: ethnisch-politischen) Führung. In diesem Netz konnten und können sich alle jene abgesichert und eingebunden sehen, die die ethnische Disziplin nicht durchbrechen (also keine inter-ethnischen Strukturen bilden) und nicht allzuweit links stehen oder sich offen gegen die Kirche richten.
Nicht gleichgeschaltet waren in Südtirol in der Vergangenheit eigentlich nur Dissidenten, samt ihren Publikationen, Veramstaltungen und Gruppierungen - und, etwa seit der zweiten Hälfte der 60er Jahre, die Südtiroler Hochschülerschaft. Dazu natürlich das bißchen Opposition und Gewerkschaft, das vorhanden war. Wer nicht gleichgeschaltet war, fiel unter die Fremdkörperabwehr. Ein hohes Maß an Konformismus zeichnete die gleichgeschaltete Gesellschaft aus, was jahrzehntelang in Kultur und Information, Wirtschaft und Politik, Kunst und Alltag zu beobachten war und häufig zum Vergleich zwischen Südtirol und der DDR, bzw. der SVP und der SED geführt hat. Erst in neuerer Zeit beginnt mehr Pluralismus einzukehren. Trotzdem hat ein Höhepunkt der Gleichschaltung noch in den 80er Jahren stattgefunden: der Zwang zur Sprachgruppenzugehörigkeitserklärung im Jahre 1981.
Eine weitere Art von Gleichschaltung, die für Südtirol bedeutsam ist, wird oberhalb der gesellschaftlichen Ebene vom italienischen Staat her betrieben: immer wieder gibt es Vorstöße, um die sogenannte Sonder-Autonomie, die das Land genießt, auf die Ebene der gewöhnlichen Regionen herabzudrücken und eine gewisse zentralistische Gleichschaltung vorzunehmen.
Die italienische Sprachgruppe in Südtirol hat sich bisher größerer Vielfalt von Meinungen und Positionen erfreut, was aber nicht ein für allemal gesichert sein muß.

> CHRISTLICH, DEUTSCHTUM, DISSIDENTEN, ETHNISCH, EINHEIT DER VOLKSGRUPPE, FARBE BEKENNEN, INFORMATION, MEDIEN, NATIONALISMUS, OPPOSITION, PLURALISMUS, SPRACHGRUPPENZUGEHÖRIGKEITSERKLÄRUNG, VEREINE/VERBÄNDE, ZENTRALISMUS.


GRENZEN

Brennergrenze - Unrechtsgrenze, Brennergrenze - heilige Grenze: je nach Betrachter, wobei es sich aber in beiden Fällen um ausgesprochene Grenzfetischisten handelt, deren es in Südtirol gar zu viele gibt. Eins wollen sie alle gemeinsam: eindeutige Verhältnisse, klare Grenzen.
Das wäre 1918 am ehesten zu verwirklichen gewesen, wenn sich die Sieger des Weltkriegs auch wirklich an die verheißenen 14 Punkte Wilsons gehalten hätten - damals hätten Staats- und Sprachgrenzen in Südtirol noch am leichtesten in Einklang gebracht werden können (das heutige Trentino an
Italien, das heutige Südtirol an Österreich, wobei die Ladiner - wenn man sie gefragt hätte - sich vielleicht auch lieber für Österreich entschieden hätten.)
Aber es kam anders, und eindeutige Lösungen wären heute nicht mehr möglich. Und so lebt man in Südtirol mit einer inzwischen recht durchlässig und undramatisch gewordenen Brennergrenze, und mit einer inzwischen recht wirksam gewordenen“Salurner Grenze“, die das Land vom übrigen Italien einigermaßen abhebt. Liebhaber der

italienischen Souveränität gebrauchen gerne das Wort vom einen, unteilbaren Italien vom Brenner bis Sizilien, Liebhaber des „einen Tirols“ versäumen es nie, die Brennergrenze als Schandgrenze zu brandmarken.
Manche, die gerne von der Abschaffung der Grenzen reden, meinen damit nur deren Verschiebung (in diesem Fall nach Süden), und häufig sind jene, denen die Staatsgrenze ein besonderer Dorn im Auge ist, dann besonders eifrig auf Grenzziehung zwischen den Volksgruppen bedacht.

> EUROPÄER, „JE KLARER WIR UNS TRENNEN“, GEWALT, ITALIEN, KOMPROMISS, MILITÄR, NATIONALISMUS, ÖSTERREICH, PARISER VERTRAG, SELBSTBESTIMMUNG, SPRACHGRUPPENZUGEHÖRIGKEITSERKLÄRUNG, STAAT, TIROL ISCH LEI OANS.


GRÜN

Wie grün Konservative sein können, und wie konservativ Grüne sein müssen, wenn sie von einer traditionsbewußten Bevölkerung verstanden werden wollen - das kann man am Paradebeispiel Südtirol lernen. Der jahrzehntelange Kampf um die (kulturelle, sprachliche, ethnische) Bewahrung der Heimat Südtirol hat die alteingesessenen Tiroler Volksgruppen sozusagen hellhörig und feinfühlig gemacht und mit einem besonderen Sinn fürs Bewahren ausgestattet. Natürlich liegt darin auch einige Borniertheit - und eine grobe Verallgemeinerung, die sozialen Fortschritt, Industrie, Entnationalisierung, Kommunismus und Faschismus nur allzuoft in einen Topf warf und als Alternative dazu womöglich dem Blut-und-Boden-Denken der Nazis verfiel. Aber daß in Südtirol ein etwas wachsameres Auge auf Natur und Landschaft geworfen wird, kann man beispielweise durch einen Vergleich mit den Nachbarregionen Nordtirol und Trentino feststellen, wo sicher noch um einiges rücksichtsloser verbaut wurde, und der Mythos der Arbeitsplätze um jeden Preis höher im Kurs steht.
Und während soziale Anliegen - trotz gegenteiliger Erwartungen der Linken - die Volksgruppen beileibe nicht immer einen, sondern manchmal sogar in Konkurrenz zueinander entzweien können, ist die Bewahrung der Natur doch ein sehr weitgehend gemeinsames Ziel, obwohl im Durchschnitt die verwurzelteren und ländlicheren deutsch- und ladinischsprachigen Südtiroler ein bißchen mehr dafür übrig haben als ihre italienischsprachigen Mitbürger, die manchmal fürchten, man wolle die Natur in erster Linie vor ihnen und ihren Bedürfnissen (Baugrund, Arbeitsplätze..) schützen. Wenn diese Gemeinsamkeit gedeihen soll (was eine Bedingung für den Erfolg ist), dürfen grüne Anliegen natürlich nicht mit allzu starken ethnischen Stempeln geprägt werden.

> ALPEN, BAUERN, FREMDENVERKEHR, INDUSTRIE, KIRCHTURM, „SCHÖNES LAND BÖSE“, WIRTSCHAFT(SWUNDER)


HEIMAT(RECHT)

Tiroler, die heute zu Italien gehören, haben im Grunde kein Vaterland: das heutige Österreich kann höchstens rhethorisch als solches beschworen werden, ist es aber nie gewesen, und nur großdeutsche Träumer könnten Deutschland (welches?) zu diesem Zweck bemühen. Italien kann diesen Anspruch auch nicht erheben. Umso intensiver hat man aber eine Heimat und beruft sich immer wieder darauf, obwohl es auch da begriffliche und emotionale Schwierigkeiten gibt: das historische Gesamt-Tirol, bzw. dessen „deutscher“ Anteil gilt in patriotischen Gesängen als eigentliche Heimat, kommt aber im Alltagsbewußtsein der meisten Südtiroler kaum vor, und so muß man - der Ideologie ungeachtet - letztlich doch mit der kleinen Heimat Südtirol vorlieb nehmen. Das ist übrigens gar kein schlechter Zustand - eine Heimat, und erst recht eine kleine, führt zum Unterschied von den Vaterländern zumindest nach außen keine Kriege.
Italienischsprachigen Bewohnern Südtirols geht es übrigens nicht besser. Sie mögen zwar ein Vaterland haben, mit dem sie sich mehr oder weniger identifizieren können, müssen sich aber meistens die Heimat erst mühsam erwerben. Wobei sie gewöhnlich als Eindringlinge, Unterwanderer, Usurpatoren oder jedenfalls als Störer der Tiroler Intimität gesehen werden, auch wenn sie schon in der zweiten oder dritten Generation im Lande sind. Etwas leichter haben sie's, wenn sie deutsch können und sichtbare Zeichen guten Willens und der Anpassung geben - obwohl das für viele deutschsprachige Südtiroler noch kein hinreichender Grund ist, ihnen moralisch das Heimatrecht im Lande zuzuerkennen.
Gemeinsames und gegenseitig anerkanntes Heimatrecht, gemeinsames Heimatbewußtsein und Zurückstehen vaterländischer Anwandlungen sind aber gefordert, wenn eine gemeinsame Zukunft aller im Lande lebenden Menschen irgendwann die ständige ethnische Frontenbildung ablösen soll - das wird auf beiden Seiten einige Anstrengung kosten.

> ALPEN, IDENTITÄT, INTER-ETHNISCH, KIRCHTURM, NATIONALISMUS, SÜDTIROLER, TIROL ISCH LEI OANS, VERSÖHNUNG, ZUSAMMENLEBEN.


HELDEN

Direkt oder indirekt werden in Südtirol praktisch alle „Helden“, die man ehrt, auf den ethnischen Konflikt bezogen, auch wenn sie damit gar nichts zu tun haben. Andreas Hofer, beispielweise, kann nur im übertragenen Sinne gegen Italien in Anspruch genommen werden - hatte er doch gegen die Franzosen und Bayern gekämpft. Aber beide Seiten verstehen doch recht deutlich, was gemeint ist, wenn der Freiheitskampf von „anno 1809“ gefeiert wird. Und die vielen italienischen Riosorgimento-Helden - von Cavour bis Garibaldi - die in Südtirol als Straßen- oder Kasernennamen oder Standbilder vorkommen und mit der Annexion dieses Landes an Italien eigentlich gar nichts zu tun haben, werden dennoch als südtirolfeindliche Hervorhebung italienischer Hoheit empfunden. Die Toten der Kriegerfriedhöfe haben teilweise unmittelbar gegeneinander gekämpft, vor allem die Soldaten des ersten Weltkriegs. Aber bei den übrigen handelt es sich im allgemeinen um Helden, die sozusagen unabhängig voneinander bestehen und nicht gegeneinander standen - wie Cesare Battisti und Andreas Hofer oder Walther von der Vogelweide und Dante - aber in Südtirol eben den gesellschaftlichen Auftrag wahrnehmen, für die einen und damit gegen die anderen Flagge zu zeigen. Am deutlichsten tun das natürlich die gefallenen Attentäter und Polizisten der 60er Jahre, die nun ja auch wirklich gegeneinander gekämpft haben.
Die Jugend hat für solche Helden heute nicht sehr viel übrig - eher für sportliche Größen, und dies meistens unabhängig von ihrer Nationalität.
Die Helden des Widerstands gegen Nationalsozialismus und Faschismus werden erst in jüngster Zeit und noch immer mit einer gewissen Peinlichkeit von beiden Seiten geehrt - oft nicht mehr als eine Pflichtübung.

> ATTENTATE, DENKMÄLER, DORNENKRONE, FARBE BEKENNEN, GESCHICHTE, HERZ-JESU-KULT, IDENTITÄT, JUGEND, MILITÄR, NATIONALISMUS, ORTSNAMEN, PROVOKATION, SCHÜTZEN, VERGANGENHEITSBEWÄLTIGUNG


HERZ-JESU-KULT

„In der Not der napoleonischen Kriegszüge, die Tirol heimsuchten, wurde das Land dem Heligsten Herzen Jesus geweiht und kann seither auf den göttlichen Bundesherrn bauen“: so wird der Pakt der Ahnen umrissen, an den immer noch Prozessionen und Bergfeuer am Herz-Jesu-Sonntag (im Juni) erinnern. (In der Tageszeitung“Dolomiten“ kann man dann am Montatg danach lesen, welche Volksvertreter an der Prozession teilgenommen haben.)
Die Herz-Jesu-Nacht von 1961 ist als die Feuernacht in Erinnerung, die den Höhepunkt der Sprenstoffanschläge der -Bewegung darstellte. „Ein Wolk, das um nichts anderes als um sein natürliches und verbrieftes Recht kämpft, ha den Herrgot zum Bundesgenossen“, lehrte Kanonikus Michael Gamper in den 50er und 60er Jahren.

> CHRISTLICH, FARBE BEKENNEN, KIRCHE, „LOS VON TRIENT“, TIROL ISCH LEI OANS

IDENTITÄT

Identität, das Selbstsein, die Eigenart: ein hohes Gut, das mit Recht hochgehalten und verteidigt wird. In Südtirol zählt Identität - wiederum vor allem ethnisch verstanden - zu den obersten immateriellen Werten, darüber herrscht breiter Konsens und es vergeht kaum eine öffentliche Veranstaltung - bis hin zum Papstbesuch 1988 - ohne daß dies auch feierlich gesagt würde. So oft und so feierlich, daß fast der Zweifel aufsteigen mag, es könnte sich manchmal um Identitätsprothesen handeln, die da geschwungen werden. Denn während sich auch in den Jahren der faschistischen Unterdrückung und Entnationalisierung ohne eigens bestallte Institutionen und Finanzen die Tiroler Tradition und Eigenart durch das zähe Durchhaltevermögen der Bevölkerung mit viel Aufopferung und Phantasie (bis zu den sog. Katakombenschulen zur Pflege der deutschen Sprache) halten konnte, ist heute die Wahrung der Identität dermaßen verwaltet und organisiert, daß sie Gefahr läuft, zum künstlichen Surrogat zu werden. Wo Trachten zur Uniform und Brauchtum zur Folklore werden, und wo unter den zahllosen möglichen Identitäten schlußendlich nur mehr drei „deutsch“, „italienisch“, „ladinisch“ als zulässige Schablonen vorgeprägt werden, ist die lebendige und veränderbare Eigenart von Erstarrung gefährdet und kann zur konformistischen Attrappe verkommen. Vielfältige Möglichkeiten, Südtiroler (verschiedener Sprachen) zu sein, sind heute gefragt, nicht normierte Mitgliedschaft in der Volksgruppe; echte Wurzeln, nicht Gipsabdrücke. Und der Humus, in dem solche Wurzeln Nahrung finden, kann nicht so ausschließlich und einseitig ethnisch gedüngt werden.

> ÄNGSTE, ASSIMILATION, DEUTSCHTUM, EINHEIT DER VOLKSGRUPPE, ETHNISCH, FARBE BEKENNEN, FEINDBILDER, GEMISCHTE, GLEICHSCHALTUNG, „ITALIANITÀ“, „JE KLARER WIR TRENNEN“, KULTUR, LADINER, MISCHKULTUR, PLURALISMUS, SÜDTIROLER, SPRACHEN, SPRACHGRUPPENZUGEHÖRIGKEITSERKLÄRUNG, ZUSAMMENLEBEN.


INDUSTRIE

Südtirol ist ein relativ wenig industrialisiertes Land - und war das auch in der Vergangenheit, schon unter Österreich, als es ebenfalls nur eine geringe Anzahl von Fabriken (Verarbeitung von Textilien, Holz, Marmor, Agrarprodukten..) gab. Der Industrialisierungsschub ist im wesentlichen durch das faschistische Regime in den 30er und 40er Jahren gekommen und sollte das Land nicht nur für die Produktion nutzbar machen, sondern auch mit italienischen Einwanderern durchsetzen. Wasserkraftwerke und Betriebe der Chemie- und Metallindustrie wurden gebaut, denen Ackerland, Obstwiesen, Weingüter und manchmal auch Siedlungen zum Opfer fallen mußten. Diese faschistisch-italienisch geprägte Herkunft hat die Industrie in Südtirol bleibend in Verruf gebracht, was erst in den 70er Jahren durch eine dezentralisierte Ansiedlung kleinerer Betriebe mit einheimischen Arbeitskräften und häufig bundesdeutscher Kapitalbeteiligung einigermaßen ausgebügelt wurde. Allerdings zog damit eine neue (“rote”) Gefahr, zumindest in der Form einer gewissen Verbreitung von Gewerkschaften, neues Mißtrauen auf die Industrie.
Heute arbeiten rund 50.000 Menschen in Südtirol in Industrie, Bau, produzierendem Gewerbe und Bergbau - zweimal soviele als in der Land- und Forstwirtschaft, die aber das Antlitz Südtirols viel nachhaltiger prägt, und etwa gleichviele wie in Fremdenverkehr und Handel (zusammengenommen). Die Wirtschaftspolitik der Südtiroler Landesregierung kann insgesamt als nicht übermäßig industriefreundlich bezeichnet werden, weswegen der Zentralstaat im Autonomiestatut die Industrieförderung in besonderer Weise unter seine Fittiche genommen hat und auch finanziert.
Wie überall, ist derzeit die Anzahl der Arbeitsplätze in den Industriebetrieben - vor allem in den größeren - eher rückläufig. In Südtirol trägt dieser Rückgang stark zur Verunsicherung der italienischen Sprachgruppe bei, die vor allem in den Ballungsgebieten Bozen und Meran zu einem relevanten Teil aus Industriearbeitern besteht und nun diesen bisher gewohnten Arbeitsmarkt immer mehr einbüßt.
Wenn man vom Umbau der Industriegesellschaft in eine ökologisch und sozial verträglichere Wirtschaftsweise spricht, böte sich Südtirol eigentlich als ein ideales Experimentierfeld an: ein relativ guter Ausgleich zwischen verschiedenen, nicht zu schnell gewachsenen Wirtschaftssektoren, und eine natürliche Umgebung, die zur Schonung der Umwelt einlädt, sowie eine dezentral gestreute Siedlungs- und Produktionsstruktur könnten gute Voraussetzungen abgeben, wenn man sie nutzen wollte.

> ALPEN, BAUERN, BÜROKRATIE, GRÜN, ITALIENER, ITALIANISIERUNG, LINKE, ÜBERLEBENSFÄHIG, WIRTSCHAFT(SWUNDER)


INFORMATION

Das erste, was bei näherer Betrachtung jeglicher Information in Südtirol auffällt, ist ihre starke ethnische Färbung, bzw. Spaltung - ganz gleich, ob es sich um aktuelle oder historische Information handelt. Deutsche und italienische Augen oder Ohren bekommen je andere Information zu sehen oder zu hören. Das betrifft sowohl das Was als das Wie: nicht nur werden häufig verschiedene Ereignisse berichtet, sondern auch die Art und Weise ist stark ethnisch geprägt. Weniger politisiert oder mehr ländlich, beispielsweise, auf deutschsprachiger Seite, stärker in die parteipolitischen Schablonen gezwängt und städtischer im italienischen Bereich. Was in der anderen Volksgruppe vor sich geht, wird häufig gar nicht und wenn, dann meist verzerrt wahrgenommen. Stereotype Darstellungen schimmern auch dort durch, wo es der Form nach mehr Pluralismus gibt (z.B. italienische Medien), und fast hat man den Eindruck, daß sich auch in diesem Bereich eine Entwicklung breitmacht, wonach die italienische Sprachgruppe in jene Fußstapfen der ethnischen Mobilmachung tritt, die auf deutscher Seite nach und nach verlassen werden.
Nur selten gelingt es, unparteilichere Information zu bekommen, die die ethnische Halbierung der Wirklichkeit einigermaßen unterläuft. Und nicht selten wird solche redlichere und vollständigere Information - die nicht nur aus dem kritischen Untergrund stammen muß - dann auch des Verrats am Volkstumskampf bezichtigt.
Vieles würde sich in Südtirol zum besseren wenden, wenn es mehr Information gäbe, die die ethnischen Schranken durchbricht oder wenn ein großer Teil der Bevölkerung zumindest die Information beider Seiten berücksichtigte und den Versuch unternähme, auch einen anderen Standpunkt als den eigenen (nicht nur sprachlich) zu verstehen.

> ÄNGSTE, EINHEIT DER VOLKSGRUPPE, FARBE BEKENNEN, FEINDBILDER, GESCHICHTE, GLEICHSCHALTUNG,“JE KLARER WIR TRENNEN“, KULTUR, KIRCHTURM, MEDIEN, PLURALISMUS, TAUZIEHEN, VERGANGENHEITSBEWÄLTIGUNG, „VITTIMISMO“, WIEDERGUTMACHUNG, ZUSAMMENLEBEN.

INTER-ETHNISCH

Eine häßliche, aber nützliche Neuprägung für alles das, was nicht an der Grenze der eigenen Volksgruppe haltmacht, sondern quer durch die Sprachgruppen Menschen verschiedener Muttersprache gemeinsam umfaßt: Gruppen, Publikationen, Initiativen, Veranstaltungen, Meinungen, Geisteshaltungen... Dabei ist natürlich nicht alles Gold, was glänzt: denn „pro forma“ inter-ethnisch sind auch solche, die zwar die Teilnahme von Menschen anderer Sprachgruppe(n) nicht direkt ausschließen oder vielleicht sogar wünschen, aber nichts dazu tun, damit diese sich auch wohlfühlen und verstanden wissen können. So ist zum Beispiel das Militär inter-ethnisch verfaßt, denn die Soldaten kommen aus allen drei Sprachgruppen - aber der ganze Betrieb läuft so ab, daß deutsch- und ladinischsprachige Jugendliche meist noch einen (ethnischen) Grund mehr haben, sich unangepaßt und fehl am Platze zu fühlen. Dasselbe gibt's auch auf der anderen Seite, beispielsweise bei manchen Dorf- oder Fremdenverkehrsfeierlichkeiten, wo man der Form halber auch auf die „Walschen“ Rücksicht nehmen muß, ihnen aber durch die Blume zu verstehen gibt, daß man auf sie lieber verzichten würde.
Echt inter-ethnisch vorzugehen ist eine Kunst, die erarbeitet und geübt werden muß, denn es gilt, verschiedene Sprachen, Mentalitäten, Gewohnheiten, Hintergründe usw. in eine gemeinsame Erfahrung einzubinden, bei der sich niemand bloß als Gast oder gar als geduldete Randerscheinung fühlen muß. Schon nur der Umgang mit mehreren Sprachen (das Ladinische kommt meistens sowieso unter die Räder), die nicht immer von allen inter-ethnisch Gesinnten und Gewillten auch wirklich beherrscht werden, erfordert viel Taktgefühl und unter Umständen sogar Simultanübersetzung oder gewisse Verdopplungen, die natürlich auch schwerfällig wirken können. Und wer an inter-ethnischen Erfahrungen teilnimmt, muß nicht nur auf die Partner der anderen Seite Rücksicht nehmen und viel Einfühlung aufbringen, sondern gleichzeitig dem Druck standhalten, der häufig aus der eigenen Sprachgruppe kommt und mehr oder weniger offen von solchem Umgang abrät. Denn alles, was nach Mischkultur riecht, ist verpönt - vor allem, aber nicht nur, auf deutscher Seite.
Wer es trotzdem schafft, an echten inter-ethnischen Erfahrungen (und sei es nur ein Sonntagsausflug, ein Freundeskreis, ein Fest..) mitzumachen, sieht sich in den meisten Fällen für die Anstrengung reich entschädigt. Wer hingegen - wie es manchmal in politischen Organisationen, Institutionen, Gewerkschaften oder dergleichen vorkommt - nur aus inter-ethnischem Pflichtgefühl und womöglich ohne Überzeugung diesen Weg ein Stück mitgeht, wird keine große Freude daran erleben und, meist hinter vorgehaltener Hand, erzählen können, daß sich seine Vorurteile bestätigen.
Waren in den vergangenen Jahrzehnten sprachgruppenübergreifende Initiativen und Gruppen eher selten und wirkten manchmal sehr förmlich und gekünstelt (z.B. in Parteien, Gewerkschaften, Vereinen..), so hat sich seit Ende der 70er Jahre in zunehmendem Maße und mit wachsender Qualität eine Kultur des Zusammenlebens herausentwickelt, die für viele - vor allem jüngere - Menschen inzwischen zu einem selbstverständlichen Bedürfnis geworden ist, wenn sie sich nicht mit der ethnisch halbierten Welt in Südtirol zufriedengeben wollen.

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ITALIANISIERUNG

Als Südtirol nach dem ersten Weltkrieg vor allem aus strategischen und wirtschaftlichen Gründen an Italien annektiert wurde, machte sich eigentlich kaum jemand Gedanken, wie man die neuen Untertanen in gute Italiener verwandeln könnte - im Gegenteil, es wurde ihnen die Achtung ihrer Sprache und Traditionen verheißen. Doch Ettore Tolomei, der später unter dem Faschismus Einfluß und Würden gewann, hatte schon die Grundzüge für die Entnationalisierung Südtirols entworfen - damals als nationalistischer Fanatiker belächelt, wenig später mit seiner Vorarbeit der entscheidende Wegbereiter der vom Faschismus beschlossenen Italianisierung Südtirols.
Theoretische Grundlage für dieses Unterfangen wurde die Lehre, daß man das einst römische Südtirol – in „Alto Adige“ (Hoch-Etsch) umbenannt - von der später auferlegten Germanisierung befreien und das lateinische Element wieder zutage fördern müsse. Zudem seien die Alpen sowieso die gottgewollte natürliche Grenze zwischen deutschem und italienischem Siedlungsraum.
Beim Versuch, Südtirol und seine Bewohner zu italianisieren, ging man gewissermaßen in drei Stufen vor: 1.Italianisierung der Schule, der Amtssprache, der Namen usw.; 2.Italianisierung durch Veränderung der gesellschaftlichen und baulichen Struktur (Italiener im öffentlichen Dienst, Industrialisierung, öffentliche Bauten, usw.); 3.Italianisierung durch stark geförderten Zuzug von Einwanderern, vor allem im öffentlichen Dienst, Militär, Industrie, Handel, Freiberuf. Gleichzeitig wurden die Verbindungen zum deutschsprachigen Hinterland praktisch völlig abgeschnitten.
Dieser systematische, gewaltsame und kostspielige Versuch zur Entnationalisierung blieb aber fast völlig erfolglos, und die Tiroler Bevölkerung wehrte sich gegen ihre sprachliche und kulturelle Umpolung nachdrücklich und hartnäckig. Insbesondere die Täler und Berggebiete erwiesen sich als undurchdringlich und ließen sich von Ortsfremden nicht kolonisieren oder vereinnahmen. Erst das Hitler-Mussolini-Abkommen über die Umsiedlung der Südtiroler (1939) hätte es beinahe geschafft, Südtirol von seiner angestammten Bevölkerung zu befreien und der Italianisierung preiszugeben.
Auch nach dem 2.Weltkrieg kann man nicht sagen, daß Italien - trotz der im Pariser Vertrag (1946) eingegangenen Verpflichtungen, worunter die Achtung der ethnischen Eigenart und eine Wiedergutmachung der angerichteten Schäden enthalten war - ganz auf die Idee verzichtet hätte, Südtirol mit der Zeit und vielleicht etwas sanfter in die italienische Nation einzuverleiben. Nicht der äußere Zwang, sondern eine nicht so ganz unschuldige Bau- und Arbeitsmarktpolitik und eine gänzlich von Italien vermittelte Modernisierung und Verstädterung des Lebens in Südtirol hätte diesmal zum Ziel führen sollen. Aber auch gegen die sanftere Version der Italianisierung war der Widerstand der Tiroler Minderheit entschlossen und kompakt, und dank größerer demokratischer Freiheiten auch offener als unter dem Faschismus.
Erst seit dem Abschluß der Autonomiereform und seit Einzug eines neuen Geistes in der Minderheitenfrage - auch auf europäischer Ebene - kann man sagen, daß das Ziel der Italianisierung nicht mehr verfolgt wird. Eher fragt sich der italienische Staat, wie er die derzeitigen italienischen Positionen halten und der nun manchmal attraktiven Eindeutschung einen gewissen Riegel vorschieben kann.

> ÄNGSTE, ASSIMILATION, DEUTSCHTUM, ETHNISCH, FASCHISTEN, GRENZEN, KOMPROMISS,“ITALIANITA’“, MINDERHEITENSCHUTZ, RÜCKVERDEUTSCHUNG, SPRACHE, VERDRÄNGUNG, VOLKSTUM, WIEDERGUTMACHUNG.


“ITALIANITA’”

Unter “italianità” verstehen italienische Chauvinisten nicht nur das Italienertum, dessen Nordgrenze sie am Brenner und an der eigens so benannten „Vetta d’Italia“ (Glockenkarkopf, im Tauferer Ahrntal) als naturgegeben ausmachen, sondern auch die „italianità dell’Alto Adige“, den italienischen Charakter Südtirols. Nicht genug damit, wird diese Formel manchmal im Superlativ verwendet: „l’italianissima Bolzano“, beispielweise, das durch-und-durch-italienische Bozen, etwa. Aber auch noch höhere Steigerungsformen würden sie um nichts wirklichkeitsnäher machen.
Noch vor wenigen Jahren schien dieses ideologieträchtige und vom faschistischen Erbe strotzende Wort, das ursprünglich aus dem patriotischen Vokabular der italienischen nationalen Einigungsbewegung des 19.Jhs. stammt, in Vergessenheit geraten. Seine Auferstehung neuerdings hat es nicht zuletzt der ausgiebigen Verwendung seines Partnerbegriffs - des „Deutschtums“ - zu verdanken.

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ITALIEN

Das Verhältnis der Südtiroler aller Sprachen zu Italien ist - unterschiedlich - widersprüchlich. Und umgekehrt.
Wenn deutschsprachige Südtiroler den Gang der Dinge in Italien betrachten, tun sie es meistens mit einem Seufzer: Streiks, häufiger Regierungswechsel, unübersichtliche Bürokratie, Unordnung allenthalben.. wie kann man in so einem Staat leben? Und zum Vergleich wird dann das ordentliche Deutschland - manchmal auch Österreich oder die Schweiz - herbeigelobt. Zugleich hat man aber auch das gewisse Etwas, das den Süden vom Norden unterscheidet, irgendwie liebgewonnen: im Norden setzt sich eher das System durch, im Süden eher die Lebenswirklichkeit. So erzählt man sich einen Witz, in dem ein stramm deutscher Südtiroler von klein auf bei jeder Gelegenheit auf deutsch Farbe bekennt. Schule? Deutsch. Sportclub? Deutsch. Ehe? Deutsch. Freundeskreis? Deutsch. Geschäftlicher Umgang? Deutsch... Bis er dann, nach seinem Tod, in die Hölle kommt, und auch dort pflichtgemäß gefragt wird, ob er in die deutsche oder italienische Abteilung kommen will. Und zum Erstaunen der versammelten Teufel entscheidet er sich für die italienische Hölle:“vielleicht vergessen sie dort manchmal einzuheizen und Öl nachzugießen“.
Italiener aus Südtirol beginnen ihrerseits, sich dem restlichen Italien gegenüber manchmal positiv mit der Sondersituation in Südtirol zu identifizieren und beispielsweise die Mehrsprachigkeit oder die geordneten „nördlichen“ Verhältnisse mit einem gewissen Stolz hervorzuheben. Daneben gibt's natürlich auch - auf beiden Seiten - bei vielen Leuten die herkömmlicheren Einstellungen und Feindbilder.
Italien ist sich seinerseits heute nicht mehr so ganz sicher, ob es Südtirol unbedingt zur Anpassung zwingen soll: Erscheinungen, die früher oft mit einem gewissen Mißtrauen als Südtiroler Verschrobenheiten oder gar staatsfeindliche Umtriebe beäugt wurden (wie beispielsweise die freiwilligen Feuerwehren oder der geschlossene Hof, die Musikkapellen oder der Bergrettungsdienst), werden nun in Italien häufig positiv gewürdigt und manchmal sogar als vorbildlich zur Nachahmung empfohlen.
Je weniger Justament-Standpunkte von beiden Seiten geltend gemacht werden, desto eher kann sich eine ursprünglich einseitig und gewaltsam erzwungene Verbindung in eine Art Vernunftehe verwandeln - mit einer gewissen Partnerschaftlichkeit und gegenseitiger Achtung. Liebe oder Leidenschaft wird daraus sicher keine werden, aber das Aufkeimen einer gewissen Zuneigung läßt sich nicht ausschließen.

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ITALIENER

Die Italiener in Südtirol, heute nicht ganz 30 % der Bevölkerung, sind vor allem ein recht bunt zusammengewürfelter Haufen, wie das im allgemeinen bei Einwanderern der Fall ist. Unterschiedliche Herkunftsregionen, unterschiedlicher sozialer Status (von ganz oben bis ganz unten), unterschiedliche Mundart, unterschiedliche Dauer der Ansässigkeit und auch unterschiedliche Einstellung kennzeichnen sie. Wenn man von "italienischer Volksgruppe" spricht, ist das eher eine künstliche Erfindung: gemeinsam ist den Italienern in Südtirol die (italienische) Hochsprache und der Bezug auf den Staat, wohl oder übel auch der Antagonismus gegenüber den Deutsch-Südtirolern.
Doch beginnt sich seit geraumer Zeit auch ein neues Gefühl von Zugehörigkeit zum Land breitzumachen: man sieht sich nicht bloß als "italiani", sondern auch als "altoatesini", manchmal gar als "sudtirolesi di lingua italiana", wobei natürlich jede Verschärfung des Volksgruppenkonflikts die Betonung des Italiener-Seins bestärkt. Ob sich Italiener in Südtirol nämlich vor allem als Pioniere der "italianità" oder als Fremdkörper oder gar als Faschisten(nachfolger) empfinden und gebärden, hängt nicht nur von ihnen selbst, sondern zum guten Teil auch vom deutschsprachigen Gegenüber ab: jeder fühlt sich, in gewissem Maß, als das, als was er behandelt wird. Seit über einem Jahrzehnt sind auch bei Stadtitalienern erhebliche Bemühungen um soziale und kulturelle Eingliederung in die Südtiroler Realität zu beobachten: dazu gehört auch die Anstrengung, deutsch zu lernen und am Leben der alteingesessenen Südtiroler irgendwie teilzunehmen. Dieses Bemühen wurde allerdings oft als "unerwünschte Umarmung" (so Landeshauptmann Magnago) zurückgewiesen - bis es sich so langsam wieder verlief und nun wieder eher die nationalistischen Borsten aufgestellt werden.
Zur derzeitigen Befindlichkeit der Italiener gehört auch die Angst, langsam aber sicher in die Defensive und vielleicht aus dem Land gedrängt zu werden, denn seit Ausbau der Autonomie können sich Italiener in Südtirol nicht mehr so einfach als Angehörige des Staatsvolkes fühlen und verhalten: entscheidend ist, wie sie sich im autonomen Südtirol und angesichts der deutschsprachigen Mehrheit im Lande zurechtfinden, was natürlich erst eingeübt werden muß. Einen Schock hat vielen Italienern der Umstand versetzt, daß die Stärke ihrer Sprachgruppe von 1971 bis 1981 (Volkszählungsergebnisse) um mehr als ein Zehntel abgenommen hat. Und daß es in der sozialen Realität Südtirols heute - zum Unterschied von der Zeit bis etwa 1970 - einwandfrei vorteilhafter ist, zur deutschen als zur italienischen Sprachgruppe zu gehören.
Italiener von außerhalb Südtirols, die beispielsweise auf Urlaub kommen oder sonst mit dem Land zu tun haben, nehmen unterschiedliche Haltungen ein: das reicht vom verletzten Nationalstolz, wenn einmal - absichtlich oder spontan - auf deutsch statt auf italienisch geantwortet wird, bis zur großzügigen Proklamation, daß Südtirol wirklich beim besten Willen nicht als Teil Italiens bezeichnet werden kann und man es deshalb "lieber zurückgeben" sollte.

> ÄNGSTE, ASSIMILATION, DENKMÄLER, DISKRIMINIERUNG, FASCHISTEN, FEINDBILDER, IDENTITÄT, ITALIANISIERUNG, "ITALIANITA'", KOMPROMISS, KULTUR, NATIONALISMUS, OPTION 1981, RÜCKVERDEUTSCHUNG, SÜDTIROLER, STAAT, TAUZIEHEN, TODESMARSCH, VERDRÄNGUNG, "VITTIMISMO", VOLKSGRUPPEN, VOLKSZÄHLUNG, WIEDERGUTMACHUNG.



"JE KLARER WIR TRENNEN, DESTO BESSER VERSTEHEN WIR UNS"

Dieser ursprünglich auf das Schulwesen bezogene volkstums- und kulturpolitische Leitsatz von Anton Zelger (Kulturreferent der Südtiroler Landesregierung, SVP) drückt am knappsten und am wirksamsten die in Südtirol vorherrschende und in der Praxis angewandte Doktrin bezüglich des Zusammenlebens mehrerer Volksgruppen aus. Darin kommt nicht nur die Angst vor Identitätsverlust, vor "Mischkultur" und Assimilation zum Ausdruck, sondern auch ein gerüttelt Maß Trennungsphilosophie - nicht immer ganz leicht vom Rassismus zu unterscheiden. Die Volksgruppen sollen möglichst wenig miteinander zu tun haben - beziehungsweise nur dann, wenn es wirklich unentbehrlich ist. Entsprechend wird das Leben in Südtirol organisiert: soweit irgend möglich, sollen die Menschen verschiedener Sprache "unter sich bleiben" können und sich die unnötige Komplikation der Auseinandersetzung mit "den anderen" ersparen. Kindergarten, Schule, Sport, Kirche, Freizeit, Wohnen, Kultur usw. werden so eingerichtet, daß Gemeinsamkeit zwischen den Volksgruppen auf ein kühles Mindestmaß beschränkt bleibt. Und war es früher selbstverständlich, daß beispielweise deutsche und italienische Schule - zwar getrennt - zumindest im gleichen Gebäude untergebracht waren, setzt sich seit Mitte der 70er Jahre eine zunehmende "Entmischungsstrategie" durch, die auch räumliche Trennung zwischen den Volksgruppen mit sich bringt.
Die harten Verfechter der Trennung argumentieren im Namen der ethnischen Reinheit, die weicheren eher mit praktischen Erwägungen: man fühle sich doch einfach wohler und es gebe weniger Mißverständnisse, wenn jeder im eigenen Bereich bleibe. Man setzt also auf "getrennte Entwicklung", wehrt sich aber entschieden gegen die manchmal verwendete Bezeichnung "Apartheid" für diese Politik. Doch nicht nur in den Reihen der "Südtiroler Volkspartei" setzt man auf Trennung: seit einigen Jahren schlägt der italienische Soziologe S.Acquaviva eine weitere und im Grunde folgerichtige Ausdehnung des Prinzips vor: nämlich das Land Südtirol in ethnische Kantone zu gliedern und durch neue Grenzziehungen zwischen Brenner und Salurn unter die Volksgruppen aufzuteilen, weil andernfalls die Italiener zu sehr majorisiert würden.
Die konkrete Folge dieser Trennungspolitik, gegen die sich allerdings seit über einem Jahrzehnt immer mehr Menschen aussprechen, ist leicht festzustellen: Entfremdung, Vorurteile und Feindseligkeit zwischen den Volksgruppen und den Menschen verschiedener Sprache nehmen zu, die säuberliche Trennung der Bereiche mag zwar einzelne Reibungsflächen im kleinen vermeiden, hat aber insgesamt den Konflikt zwischen den Volksgruppen deutlich verschärft. Höhepunkt der systematischen ethnischen Entflechtung war sicher die namentliche Aufschreibung aller Bürger Südtirols nach ihrer ethnischen Zugehörigkeit bei der Volkszählung 1981.
Die Erfahrung müßte es inzwischen zur Genüge bewiesen haben: je weniger die Leute miteinander zu tun haben, desto fremder sind sie sich; je mehr sie zusammenarbeiten, desto besser verstehen sie sich.
Doch das ungeschriebene Motto im derzeitigen Landeswappen Südtirols bleibt der Leitsatz der Trennung - gemeinsame Bereiche, gemeinsame Bezugspunkte, gemeinsame Erlebnisse bleiben Mangelware.

> ÄNGSTE, ASSIMILATION, AUTONOMIE, ETHNISCH, FARBE BEKENNEN, FEINDBILDER, GEMISCHTE, GRENZEN, IDENTITÄT, INTER-ETHNISCH, MISCHKULTUR, MINDERHEIT, NATIONALISMUS, OPTION 1981, RASSISMUS, SPRACHGRUPPENZUGEHÖRIGKEITSERKLÄRUNG, SYMBOLE, ZUSAMMENLEBEN.


JUGEND

Jugendliche in Südtirol haben heute oft das Gefühl, es sei alles schon festgemauert und sie könnten das Haus, das "für sie" gebaut wurde, nur bewohnen, aber nicht umbauen oder verändern. Ein System, das Arbeitsplätze, Wohnungen oder Ämter auf Jahrzehnte hinaus vorverteilt und nach ethnischen Quoten reserviert, und dessen Grundregeln von einer paragraphengläubigen Generation vereinbart wurden, die den Krieg und den scheinbar unüberwindlichen Gegensatz zwischen den Volksgruppen erlebt hat, läßt nicht viel Spielraum für kreative Mitbeteiligung und ein anderes Selbstverständnis - die Rollen sind schon zugewiesen. Und während es in den 60er und 70er Jahren häufiger vorkam, daß Jugendliche den Anspruch erhoben, sich ihren Part selbst zu gestalten oder auszuwählen, scheint sich in den 80er Jahren die Vorausplanung eher durchzusetzen. So ist den italienischsprachigen Jugendlichen die unangenehme Rolle zugedacht, die Kosten für die "Wiedergutmachung faschistischen Unrechts" gegenüber der Tiroler Minderheit zu bezahlen und um soviel weniger Anteil an den Segnungen des Landes zu erhalten, als ihre Väter oder Großväter zuviel bekommen hatten. Kein Wunder, daß dies wachsenden Unmut und wenig Freude über die Autonomie hervorruft: der Zwang zum Deutschlernen, die Aussicht auf eine für immer untergeordnete Position, die Hürden des "ethnischen Proporzes" im öffentlichen Dienst und die zunehmende Rückverdeutschung des Landes verursachen ähnliche Abneigung und Wut, wie sie in der faschistischen Zeit auf deutscher Seite empfunden wurden (obwohl die Situation natürlich nicht einfach spiegelverkehrt dieselbe ist).
Die deutsch- und ladinischsprachige Jugend hingegen ist nicht nur zahlenmäßig weit stärker (auf zwei erwachsene Deutschsüdtiroler kommt ein Italiener, während bei der Jugend das Verhältnis 3:1 ist), sondern auch sozial, kulturell und ausbildungsmäßig weit besser in die Autonomie integriert, sodaß sie der Zukunft eigentlich mit viel mehr Zuversicht entgegensehen kann. Das mag erklären, warum seit Beginn der 80er Jahre eine spürbare und ständig wachsende Auseinanderentwicklung in der Jugend der verschiedenen Volksgruppen stattfindet, die trotz amtlicher Jugendförderung (mit viel Geld für integrationswillige, aber ethnisch getrennte Jugendarbeit) und trotz gutgemeinter kirchlicher Versöhnungspolitik noch zunehmend weiter auseinanderzuklaffen droht.
Mehr "Koedukation" und Begegnungsmöglichkeiten zwischen Jugendlichen verschiedener Muttersprache könnten da Abhilfe schaffen und eine gemeinsame Lebenserfahrung und Solidarität vermitteln - sind aber verpönt und meistens nur außerhalb der offiziellen Strukturen (Schule, Sport, Jugendzentren, Kulturbetrieb, usw.) möglich. So wächst eine Jugend heran, die sich von einer Sprachgruppe zur andern wenig kennt und wenig schätzt. Und so fühlt sich die deutschsprachige Jugend ein bißchen als der zukünftige Erbe des "geschlossenen Hofes Südtirol" - und die italienischsprachige als die weichenden Geschwister.

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