Alexander Langer Alexander Langer Schriften - Alexander Langer Ex-Jugoslawien

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Zum erneuten Ausbruch des Kriegs in der Krajina und zur Lage in Bosnien-Herzegowina

1.4.1995, EP
mit Antrag auf Einbeziehung in die Debatte über aktuelle, dringliche und wichtige Fragen. eingereicht gemäß Artikel 47 der Geschäftsordnung von den Abgeordneten LANGER und ROTH im Namen der Fraktion DIE GRÜNEN im Europäischen Parlament zum erneuten Ausbruch des Kriegs in der Krajina und zur Lage in Bosnien-Herzegowina

Das Europäische Parlament,

- unter Hinweis auf seine vorherigen Entschließungen zur Lage in Bosnien-Herzegowina und zur Erneuerung des Mandats der UN-Truppen in Kroatien,

- unter Hinweis auf die Erklärung des Rates, in der alle Kriegshandlungen und die Verletzung des Waffenstillstands vom 29. März angeprangert werden, die zur Aussetzung der Verhandlungen über ein Kooperationsabkommen mit der kroatischen Regierung führen könnte,

- unter Hinweis auf die Erklärung, die Kommissionsmitglied Van den Broek vom kroatischen Außenminister Granic gefordert hat,

A. in tiefer Besorgnis über den erneuten Ausbruch des Kriegs in der Krajina angesichts der Reaktion der serbischen Separatisten und der darauffolgenden Angriffe auf Zagreb und Sarajewo,

B. äußerst beunruhigt über die Wiederaufnahme der Angriffe auf Sarajewo und die Verstärkung der Belagerung der Hauptstadt und anderer großer bosnischer Städte, die sich offiziell unter dem Schutz der UNO befinden,

C. in der festen Überzeugung, daß die Wiederaufrüstung beider Seiten ein klares Anzeichen für eine neue Eskalation des Krieges war, die dramatische Folgen für den gesamten Balkan haben könnte,

D. unter Hinweis darauf, daß die kroatischen Angriffe kurz nach der Erneuerung des Mandats der UN-Truppen durch die Regierung von Zagreb erfolgen, die von der internationalen Gemeinschaft als ein unerläßlicher Schritt auf dem Weg zum Frieden begrüßt wurde,

E. in größter Besorgnis über die aus den Konfliktzonen stammenden Berichte über neue Menschenrechtsverletzungen, denen zufolge Tausende von Zivilisten, die der serbischen Minderheit angehören, in Pankrac nach der Eroberung der Stadt durch die kroatische Armee, die von einem Sprecher der UNPROFOR als eine Operation der ethnischen Säuberung bezeichnet wurde, inhaftiert wurden, und Akte der religiösen Intoleranz, wie die Zerstörung der katholischen Kirche in Banja Luka und die Vertreibung religiöser Minderheiten, begangen wurden,

F. besorgt darüber, daß das ehemalige Vernichtungslager Jasenovac - dessen Existenz von den kroatischen Nationalisten, sogar auf höchster Ebene, schon mehrmals bestritten wurde, geschändet wurde und damit auch das Gedenken an die Opfer, an denen dort schreckliche Verbrechen begangen wurden,

G. betroffen über die Meldungen über mehrere Verluste in den Reihen der UN-Truppen, aber auch besorgt darüber, daß die französische Regierung wiederholt die Absicht bekundet hat, ihr UNPROFOR-Kontingent abzuziehen,

H. mit Genugtuung die Entschlossenheit zur Kenntnis nehmend, die der Internationale Strafsgerichtshof für Verbrechen gegen die Menschlichkeit im ehemaligen Jugoslawien erneut gezeigt hat, der auch gegen einige Personen auf hoher politischer Ebene, denen Verbrechen zur Last gelegt werden, ermittelt,

1. begrüßt das Abkommen über die Krajina, das zwischen den beiden Seiten erzielt wurde, und fordert diese mit Nachdruck auf, es unverzüglich durchzuführen und alle kriegerischen Handlungen zu beenden;

2. fordert den Rat auf, alle erdenklichen Anstrengungen zu unternehmen, um den Waffennachschub in die Region zu stoppen und eine schrittweise Abrüstung der kriegsführenden Parteien zu erreichen;

3. fordert mit Nachdruck, daß es keine Anerkennung von Gebietseroberungen geben darf und daß jedwede politische Lösung die Anerkennung der legitimen Rechte Kroatiens, Bosnien-Herzegowinas und aller anderen aus dem ehemaligen Jugoslawien hervorgegangenen Staaten auf territoriale Integrität und volle Souveränität mit einschließen muß;

4. fordert die kroatische Regierung auf, sämtliche der serbischen Minderheit angehörenden Zivilisten, die nach der Rückeroberung eines Teils des Gebiets von West-Slawonien inhaftiert wurden, freizulassen und alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Rückkehr der Flüchtlinge zu gewährleisten und das gegenseitige Vertrauen zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen wiederherzustellen;

5. fordert die französische Regierung mit Nachdruck auf, ihre Absicht, ihr UNPROFOR-Kontingent abzuziehen, fallenzulassen, da dadurch die Präsenz der UN-Truppen in den Gebieten des ehemaligen Jugoslawiens weiter geschwächt und gefährdet werden könnte;

6. weist darauf hin, daß die Verringerung der UN-Truppen in Kroatien auf keinen Fall "grünes Licht" für die militärische Befreiung der Krajina bedeuten darf;

7. ermutigt den Internationalen Gerichtshof für Verbrechen gegen die Menschlichkeit im ehemaligen Jugoslawien, seine Arbeit fortzusetzen, ohne sich bei seinen Bemühungen um Gerechtigkeit einschüchtern zu lassen, und fordert den Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, diese Tätigkeit auf jede erdenkbare Weise zu unterstützen;

8. fordert die rechtzeitige Verstärkung des UN-Mandats für Bosnien-Herzegowina mittels neuer Befugnisse und einer ausreichenden Zahl von Truppen, damit die Einhaltung des Völkerrechts gewährleistet werden kann und die UN-Präsenz ihren Sinn erfüllt;

9. fordert die Regierungen der im Sicherheitsrat vertretenen Mitgliedstaaten auf, erneut die Frage zu prüfen, ob über die bestehende diplomatische Struktur, die auf der sogenannten "Kontaktgruppe" basiert, hinausgegangen werden sollte;

10. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission, den Präsidenten und Regierungen Kroatiens, Serbiens und Bosnien-Herzegowinas, der Präsidentschaft der Kontaktgruppe sowie dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zu übermitteln.
pro dialog